Wernigerode (dpa) – Die riesigen Fichtenbestände im Nationalpark Harz sind zu großen Teilen abgestorben, kahle Baumstämme prägen die Mittelgebirgs-Landschaft. Grün ist nur noch vereinzelt zu sehen. In diesem Jahr haben hier mehrere Großbrände für aufwendige Feuerwehreinsätze gesorgt. Nationalparkleiter Roland Pietsch summiert die betroffene Fläche auf insgesamt etwa 15 Hektar. Der Nationalpark umfasst 25.000 Hektar. Mehr Schutz vor weiteren Waldbränden muss her, das ist allen klar. Der Hauptfaktor ist der Mensch, der in den Nationalpark kommt, um zu wandern, zu radeln, der mit der der beliebten Schmalspurbahn auf den Brocken fährt.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke kennt den Harz seit ihren Kindertagen und hat daher einen guten Vergleich. «Ich komme seit meiner Kindheit immer wieder in den Harz, habe hier sehr viele Urlaube verbracht», sagt sie am Freitag bei einem Besuch im Nationalpark. Damals war alles dicht bewaldet und grün. Heute blickt Lemke auf riesige Flächen abgestorbener Fichten. Das könne einen nur betroffen machen, sagt sie.
Heftige Stürme, der Borkenkäfer und Trockenheit haben die Vegetation binnen weniger Jahre verändert. Und in diesem Jahr die Brände, zuletzt waren laut Nationalpark zwölf Hektar betroffen. Rund 1800 Einsatzkräfte halfen beim Löschen, dazu Hubschrauber und sogar Löschflugzeuge aus Italien.
Bislang sind die Brandursachen noch ungeklärt. Die Ministerin sieht den Menschen im Mittelpunkt: «Es scheint so zu sein, dass weggeworfene Zigarettenkippen eine mögliche, eine potenzielle Ursache sein könnten», sagte sie. «Deshalb brauchen wir eine viel höhere Sensibilisierung unserer Bevölkerung für den Schutz unserer Ökosysteme, sei es Nationalpark, sei es ein Wald, der nicht Nationalpark ist. Und in diesem Fall offenbar auch ganz klar vor uns selbst.»
Es sei auch keine Frage von Nationalpark oder nicht Nationalpark: Wer sich in Zeiten hoher Waldbrandgefahrenstufen nicht an strikte Rauchverbote halte, müsse bestraft werden. Wenn ein Rauchverbot nicht umgesetzt werde, «dann muss das auch klipp und klar sanktioniert werden». Der Nationalpark Harz hat laut seinem Leiter Pietsch ausgemacht, dass rund 80 Prozent der Brände an der Strecke der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) entstanden sind. Er begrüßt, dass eine vor einer Woche geschlossene Vereinbarung vorsieht, die Dampflok-Züge genauer unter die Lupe zu nehmen und zu prüfen, welchen Anteil sie am Brandgeschehen haben.
Unterdessen haben sich im Harz längst alle Beteiligten vom Landkreis über die Stadt Wernigerode bis zum Forstminister von Sachsen-Anhalt und der Nationalpark selbst an einen Tisch gesetzt und sich auf klare Maßnahmen zur Waldbrandprävention geeinigt. Dazu gehört neben der Überwachung der HSB-Strecke zum Brocken, dass man sich über Waldbrandschneisen verständigt und auch mehr Totholz, das bei Bränden eine Gefahr darstellt, aus der Nähe besiedelter Gebiete holt.
Im touristisch bedeutsamen Ort Schierke hatten diese Arbeiten am Donnerstag begonnen. Laut Pietsch werden in den kommenden sechs Wochen rund 17 Hektar beräumt. Schweres Gerät, das im Ilsetal zum Einsatz kommen sollte, sei dafür nach Schierke geholt worden. Es sollte schnell ein Zeichen gesetzt werden.
Auf dem Weg von Schierke zum Brocken verbreitet Pietsch auch Hoffnung. Zwischen den toten Fichtenstämmen wachsen wieder junge, grüne Fichten. Buchen, Birken, Ebereschen sowie eine Vielzahl von Sträuchern seien hier im Kommen. Ein Teil sei angepflanzt, zum Teil habe sich die Natur selbst verjüngt. Das Totholz schütze hier vor Wind, spende Schatten, sorge für Feuchte im Boden und biete Schutz vor Wild.
Kern der Philosophie des Nationalparks ist, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. So bleiben abgestorbene Bäume auf den Flächen stehen oder liegen. Entlang von Wanderwegen wird aber für die Sicherheit gesorgt. Im Wesentlichen bliebt die Natur sich selbst überlassen und soll von allein auch auf den Brandflächen zurückkehren. Es gibt allerdings viele Kritiker, die etwa den Tourismus beeinträchtigt sehen.