Biologe Christof Schenck schaut in die Kamera.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) – Christof Schenck, der an diesem Sonntag mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet wird, ruft zum schnellen Handeln für einen Schutz von Waldgebieten auf, um Klimawandel und Artenverlust aufzuhalten. Vor allem in den großen Regenwäldern wie im Amazonasgebiet sei die Lage kritisch, warnt der Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF). «Wir sind in sehr, sehr großer Sorge», sagte Schenck der Deutschen Presse-Agentur vor allem mit Blick auf Amazonien. Dort erstreckt sich der größte zusammenhängende Regenwald der Erde. Die Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren ist nirgends größer.

«Es gibt bei der Zerstörung der Regenwälder einen gefährlichen Kipppunkt», betonte Schenck. Die Regenwälder erzeugten einen großen Teil des Niederschlags selbst durch Verdunstung. «Wenn es Rodungen gibt, fließt das Wasser aber oberflächig ab und steht nicht mehr für Verdunstungsniederschlag zur Verfügung. Darin liegt eine Gefahr für das Gesamtsystem – sinkt der Niederschlag unter eine bestimmte Grenze, stirbt der Wald auch ohne Säge und Feuer. Schon jetzt sind wir unglaublich nah dran an diesem Wert.»

Die Auswirkungen treffen nicht nur das Klima, es droht auch ein dramatischer Verlust von Artenvielfalt. «Mit der Zerstörung der artenreichen Regenwälder löschen wir gewissermaßen blind auf einer Festplatte», sagt Schenck angesichts vieler Tier- und Pflanzenarten in der Region, die wissenschaftlich noch gar nicht bekannt seien. «Es ist absolut dramatisch. Wir müssten sofort Einschlag in den Regenwald stoppen.»

Die Auswirkungen sieht Schenck selbst in solchen Gebieten, wo sich die Zoologischen Gesellschaft Frankfurt engagiert: «In Peru sind die größten Probleme etwa Goldgewinnung aus den Sedimenten der Flüsse, Koka-Anbau, der Einschlag von Edelhölzern. Größter Treiber bei der Waldzerstörung ist nach China übrigens die EU.»

Auch wenn der brasilianische Regenwald im Amazonasgebiet in Weideland oder als Pflanzfläche für Soja umgewandelt werde, spielten globale Wirtschaftswege eine Rolle. «Das Soja gelangt beispielsweise als Viehfutter nach Deutschland, und dann wird wiederum Schweinefleisch nach China exportiert», schilderte Schenck. «Wir machen ganz viel falsch auf dieser Erde. Egal, was wir wo tun, es hat überall Auswirkungen.»

Angesichts der vielen Zerstörungen hofft Schenck dennoch auf Einsicht: «Es ist kein Meteorit, es ist menschengemacht – wir können also auch etwas tun. Aber wir müssen viel mehr tun, und wir müssen schneller handeln.»

«Wir haben als globaler Norden natürlich eine große Rechnung angehäuft durch die Nutzung der fossilen Rohstoffe, die zu unserem Reichtum beitrugen, die haben wir zu bezahlen», betonte Schenck. Mittel müssten daher auch vor allem in den globalen Süden fließen zum Erhalt dieser Waldgebiete. «Dabei würden auch wir im globalen Norden profitieren, wenn das Weltklima stabilisiert würde.» Handlungsbedarf sieht Schenck aber nicht nur in den großen Regenwäldern am Amazonas oder im Kongobecken. «Auch in Deutschland und Europa haben wir Hausaufgaben zu machen», sagte er. «Die Menschen sollten auch hier verstehen, was Wildnis ist und warum wir Wildnis brauchen und wie natürliche Wälder aussehen – das haben wir ja völlig verlernt.»